Abschied vom Pankisital

Die Wetterprognosen versprechen einen schönen Tag für Donnerstag und so machen wir uns für die Abreise bereit. Vorher gilt es jedoch noch eine Pendenz zu bereinigen: Wir müssen einen Kessel aus dem Ziehbrunnen im Garten unseres Guesthouses bergen, den wir versehentlich darin versenkt haben. Dieser Kessel war für die Spülung unserer Toilette im ersten Stock des Hauses vorgesehen. Da wahrscheinlich mit dem Zusammenbruch des realen Sozialismus auch der Wasserdruck der öffentlichen Versorgung in Dorf zusammengefallen war, wurde ein Grossteil des Wassers aus dem Ziehbrunnen bezogen. Nachdem unser Kessel nun auf dessen Grund lag, wurde der Brunnen aus für uns unerklärlichen Gründen nicht mehr benutzt und so war es uns ein wichtiges Anliegen, diese Schande zu tilgen. Badi und Nata hatten zwar immer wieder betont, dass ein Knabe aus der Nachbarschaft Experte im Bergen von Gegenständen aus dem engen und tiefen Brunnen sei, passiert war jedoch nichts. Nach dem Motto „dem Inschinör ist nichts zu schwör“ gingen wir zur Tat über. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, gelang es uns mit zusammengehängten Wanderstöcken und einer an der Spitze der Konstruktion befestigten Trinkflaschenhalterung eines unserer Velos den Kessel an die Angel zu kriegen und herauf zu hieven.

Am Abend vor unserer Abreise, traf unerwartet Badi’s Sohn und Nata’s Ehemann ein. Nach dem gemeinsamen Nachtessen kamen wir daher in den Genuss des georgischen Rituals der Trinksprüche. Dieses besteht im wechselseitigen halten von Lobreden und guten Wünschen auf die anwesenden Personen und näheren Verwandten und wird jeweils abgeschlossen mit dem Leeren des vollen Glases. Glücklicherweise konnten wir uns im Vorfeld auf den hauseigenen Wein anstelle von Wodka einigen und zudem war der Gastgeber von seiner anstrengenden Heimreise erschöpft, so dass das Ritual nicht all zu lange dauerte und wir es so ohne Langzeitschäden überstanden.

Am nächsten Morgen wurden zum Frühstück nochmals die Highlights der georgischen Küche aufgetischt, um uns für die Weiterreise zu wappnen. Als Wegzehrung gab es Äpfel, Nüsse, Käse, Brot, selbstgemachte Süssigkeiten und ein grosses Glas Honig. Eine Flasche Wein konnten wir nach längeren Verhandlungen verhindern – wir einigten uns dafür, das Frühstück mit Wein zu begleiten.

Die Abschiednahme verlief überschwänglich und mit Tränen in den Augen. Es wurde uns versichert, dass wir uns als Familienmitglieder betrachten können und jederzeit wieder herzlichst willkommen seien. Und so entfernten wir uns von Duisi mit den bis in die tiefen Lagen schneebedeckten Berge, hinter denen das mittlerweile unerreichbare Tusheti liegt.

Abschied von unserer Gastfamilie im Pankisital

Blick zurück auf die frisch verschneiten Berge des Pankisitals

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