Die letzten Tage in Usbekistan

Shahrisabz liegt ca. 100 km südlich von Samarkand, getrennt durch eine Bergkette. Es ist der Geburtstort Timurs und wurde von diesem teilweise als Residenz benutzt. Hier sollte er auch in einem eigens errichteten Mausoleum bestattet werden. Als er an einer Lungenentzündung starb, herrschte jedoch tiefer Winter und der Pass zwischen Samarkand und Shahrisabz war unpassierbar – etwas was wir uns in der herrschenden Hitze kaum vorstellen konnten.

Die Ausfahrt aus Samarkand gleicht unserer nächtlichen Einfahrt. Die Strasse ist eher ein breiter Feldweg mit vereinzelten Asphaltflecken aus ferner Zeit. Wieder dieser Kontrast zwischen den herausgeputzten Touristenbezirken und dem Samarkand der „gewöhnlichen“ Bewohner. Vom Stadtrand an wird die Strasse etwas besser und wir kommen flotter Richtung Berge voran.

Nach etwas rauf und runter fängt dann die eigentliche Passstrasse an und gegen Mittag stehen wir auf dem ca. 1500 m Pass. Nach einem Stück rassiger Abfahrt zwischen Buckeln und Schlaglöchern machen wir Rast in einem der zahlreichen Restaurants am Strassenrand. Beim Essen wundern wir uns über die vielen Extras, die uns neben dem bestellten Essen offeriert werden. In unserer Naivität schreiben wir dies der Grosszügigkeit des Wirtes zu. Erst als wir die gesalzene Rechnung bekommen merken wir dass jeder Posten fein säuberlich berechnet wurde. Trotz unseres Ärgers halten wir auf einem der Liegesitze ein ausgedehntes Mittagsschläfchen bevor wir die restliche Abfahrt in die Hitze Shahrisabz in Angriff nehmen.

Nach der Einfahrt in die Stadt sticht uns ein rund 40 m hohes Eingangsportal ins Auge. Es ist das einzige Überbleibsel des einst riesigen Palastes von Timur. In etwa 150 m Entfernung vom Portal markiert eine Timurstatue den einstigen Mittelpunkt des Palastes. Im Gegensatz zu Samarkand sind die verbliebenen Reste der Prunkbauten Timurs kaum renoviert und auch nicht von der lebenden Stadt isoliert – das Miteinander von Alt und Neu ist sehr wohltuend.

Angeregt durch die begeisterten Kommentare im Gästebuch unseres Gasthauses, machen wir am nächsten Tag einen Ausflug in ein Bergdorf in den Hissar Bergen an der Grenze zu Tadschikistan. Wie mit allen hochgerühmten Bergdörfern, die wir im Laufe unserer bisherigen Reise besucht haben, wird auch dieser Besuch eine Enttäuschung.

Am dritten Tag unseres Aufenthaltes in Shahrisabz verschlimmert sich bei Rosa Maria ein seit einigen Tagen andauerndes Schluckweh. Als sich dann auch noch schnell ansteigendes Fieber und akutes Ohrenweh einstellen, begeben wir uns in Begleitung einer Verwandten unseres Gastwirtes und ihrer englisch sprechenden Tochter ins städtische Spital. Es ist Sonntagsbetrieb und wegen des fortgeschrittenen Nachmittags ist kein Arzt mehr anwesend. Wir werden an die Privatadresse eines Arztes in der näheren Umgebung der Stadt verwiesen. Nach längerer Suche finden wir ihn. In einem kleinen, spärlich ausgestatteten Behandlungszimmer untersucht er Rosa Maria und macht anschliessend eine Wärmebehandlung und eine Massage des schmerzenden Halsbereichs. Dann werden noch Medikamente verschrieben, die wir nach Abklappern mehrerer Apotheken glücklicherweise auch finden. Da nach der Rückkehr ins Gasthaus das Fieber weiter ansteigt, wird eine Krankenschwester aufgeboten und diese verabreicht Rosa Maria eine vom Arzt vorsorglich verschriebene Spritze. Die hygienischen Vorkehrungen unter denen die Behandlung erfolgt entsprechen nur entfernt unseren Vorstellungen, aber auch Rosa Maria übersteht die Sache ohne Folgen. Nach kurzer Zeit geht auch das Fieber zurück. Wir sind beide sehr erleichtert, beschliessen dennoch am nächsten Tag per Taxi in unser geliebtes Hotel nach Samarkand zurückzukehren.

In Samarkand lassen wir es uns in unserem klimatisierten Zimmer gutgehen und geniessen die üppigen Frühstücke im Garten unseres Hotels. Wir müssen noch ein paar Tage überbrücken bis es unser Visum erlaubt nach Tadschikistan einreisen zu können. Da der direkte Weg von Samarkand nach Tadschikistan nicht passierbar ist, weil die Usbeken den Grenzübergang wegen irgendwelchen Streitigkeiten mit ihren Nachbarn gesperrt haben, machen wir einen Umweg über die usbekische Hauptstadt Tashkent. Die 450 km lange Fahrt dorthin absolvieren wir im Zug. Dank kurzfristig erstandenen Fächern überleben wir die gut sechs Stunden dauernde Reise ohne Hitzeschlag. Nach unserer Ankunft am späteren Nachmittag beziehen wir ein Hotel in unmittelbarer Umgebung des Bahnhofs und machen noch einen kurzen Stadtbummel. Was wir sehen, wirkt an der Oberfläche wie eine moderne europäische Stadt mit breiten Strassen und mehrheitlich neuen Gebäuden. Abstossend wirkt die hohe Polizeipräsenz. Vielleicht sind wir auch ein bisschen voreingenommen, da die usbekische Polizei wegen ihres schlechten Rufes und wegen ihres Erscheinungsbildes nicht sehr sympathisch ist. Zusammen mit anderen Kontrollmassnahmen des Staates, die auch die Touristen betreffen, hinterlässt der Aufenthalt in diesem Land einen zwiespältigen Eindruck und ich bin nicht unglücklich dieses Land zu verlassen.

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