Samarkand


Nach Bukhara ist Samarkand eine weitere Steigerung: noch imposanter, noch prächtiger, noch grösser und zum Blau und Türkis kommt viel Gold. Obwohl alles sehr schön ist, kann ich mich nicht immer so ganz daran erfreuen. Hier ging es offensichtlich nicht um sorgsame Restauration sondern meist um regelrechte Rekonstruktionen. Dazu kommt, dass die Tourismusverantwortlichen oder der usbekische Staat entschieden haben, den Fremden nur das glänzende Samarkand der weltbekannten Monumente zu zeigen und sie vom Rest der Stadt möglichst fernzuhalten. Zu diesem Zweck wurden („pittoreske“) Mauern und ganze Kolonnen von zum Teil leerstehenden Souvenirshops errichtet, hinter denen das alltägliche Samarkand versteckt wird. Trotzallem fasziniert die Stadt, besonders wegen der vielen Zeugnisse aus seiner Geschichte.
Samarkand ist eine der ältesten Siedlungen in Zentralasien und wurde wahrscheinlich im 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung gegründet. Alexander der Grosse soll gesagt haben: „Alles was ich über Samarkand gehört habe, ist wahr, nur dass es noch schöner ist, als ich es mir je vorgestellt hatte.“
Samarkand war eine der wichtigsten Städte an der Seidenstrasse und Angelpunkt zwischen China, Indien und Persien, bis es 1220 von Dschinggis Khan zerstört wurde. 1370 wurde es von Timur (Tamerlan) grossartig wiederaufgebaut und es entstand das neue, fast mythische Samarkand, das wirtschaftliche und kulturelle Epizentrum des damaligen Zentralasien. Der spätere Herrscher Ulugbek, Timurs Enkel und ein begabter Mathematiker und Astronom, erbaute ein grosses Observatorium. Samarkand wurde Anziehungspunkt für viele Wissenschafter und war lange Zeit ein wichtiges intellektuelles Zentrum.

Wir wohnen in einem kleinen Hotel, das um einen grossen Innenhof angelegt ist. Im üppig grünen Garten wachsen neben Blumen auch Tee- und Küchenkräuter, verschiedene Gemüse und Früchte. Kirschen, Pflaumen und Aprikosen sind schon reif, ebenso dunkelrote Maulbeeren, die hier zu Konfitüre verarbeitet werden. Bald wird es auch Feigen und Trauben aus dem eigenen Garten geben. Später kommen Khaki und Baumnüsse hinzu. Die ganze Vielfalt wiederspiegelt sich auf dem Frühstückstisch. Gegessen wird im Garten, auf Liegesitzen oder an Tischen, was für uns etwas bequemer ist. Wir fühlen uns hier sehr wohl, obwohl wir erst nicht wissen, ob wir im grossen 4er-Zimmer bleiben dürfen oder vielleicht doch noch in ein kleineres umziehen müssen.
An einem Abend gehen wir zusammen mit Claudia und Beat aus Zug, die mit einem Geländefahrzeug durch Zentralasien fahren (und uns wertvolle Informationen von unterwegs schicken werden), und mit Franziska und Bernd aus Heidelberg, in einem Privathaus essen. In diesem Haus gibt es einen 2-300 Jahre alten Saal, der von persischen Handwerkern und Künstlern als Hochzeitsgeschenk für eine Vorfahrin der Familie erbaut und ausgeschmückt wurde. Uns fällt sofort die Verwandschaft mit Palästen in Esfahan auf, die wir in Iran gesehen haben. Zu unser aller Freude kommt ein schmackhaftes vegetarisches Essen in mehreren Gängen auf den Tisch, das wir bei angenehmen und interessanten Gesprächen geniessen.
Nach vier Tagen im „Antica“, wo wir uns richtig gut ausgeruht haben und verwöhnt wurden, packen wir unsere Siebensachen wieder in die Saccochen und fahren mit den Velos nach Shahrisabz, einer Stadt 95 km südlich von Samarkand.

 

 

 

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