Duschanbe-Khorog, Gedanken und Erlebnisse Rosa Marias

Am besten ist es, wenn wir morgens so frueh wie moeglich losfahren koennen, denn schon bald wird es sehr heiss (ueber 35° C.) und wir sind froh, wenn wir eine Chaikhona finden, wo wir im Schatten von Baeumen eine etwas aus­gedehntere Mittagspause machen koennen.

Unter einem luftigen Blaetterhimmel laesst sich wunderbar doesen.

Meist trinken wir Tee, wenn moeglich mit Zucker. Dieser ist jedoch in den Teehaeusern oft gar nicht vorhanden, da der Tee in Zentralasien meist ungezuckert getrunken wird. Hingegen erhaelt man ueber­all zum Tee ein oder zwei Fladen Brot.
Oft essen wir dazu Spiegeleier, Auf die anfaenglich gegessene Suppe verzichten wir inzwi­schen, ebenso auf die saftigen, frischen Tomaten und Gurken, wenn wir diese nicht selber waschen und schaelen koennen. In den Tagen seit Duschanbe musste ich zu oft mit Bauchweh und Durchfall buessen, wenn ich unvernuenftig gegessen habe. Bis jetzt habe ich in Tadschikistan ausser Wassermelo­nen noch fast keine frischen Fruechte gegessen. Gerade jetzt ist Erntezeit fuer Aprikosen. In verschie­denen Sorten, Groessen und Farben (hellorange bis dunkelrot) leuchten sie von den Baeumen in den Obstgaerten. Hier werden die Fruechte nicht vom Baum gepflueckt, sondern vom Boden aufgelesen. Zum Trocknen sind sie auf Flachdaechern oder auf grossen Steinen ausgelegt.

In Zukunft will ich vermehrt versuchen, Fruechte und Gemuese fuer zwei Stunden in Micropur-Was­ser zu legen und anschliessend mit unbedenklichem Wasser zu spuelen. Wenn wir genuegend Benzin und Zucker haben, ist das Kochen von Kompott eine besonders gute Zubereitungsart dieser aromati­schen, vollausgereiften Fruechte.
Als wir in einem kleinen Dorf einkaufen, beobachten wir, wie ein Maedchen das auf der Treppe zum Laden ange­botene Gemuese mit Wasser aus dem Strassengraben waescht. Es beelendet uns zu sehen, dass an vie­len Orten das Bewusstsein fuer gesundes, sauberes Wasser einfach fehlt. Was uns hingegen sehr freut, sind die Einsaetze von verschiedenen Hilfswerken und Organisationen, die sich um den Wiederaufbau von zerstoerten Trinkwasserleitungen und Bewaesserungskanaelen kuemmern.

Vor unserer Reise war ich noch der Auffassung, dass ich eine ziemlich robuste Natur bin und mein Magen vieles ertraegt. Doch hier in Tadschikistan muss ich die Erfahrung machen, dass mein Koerper schnell und manch­mal heftig auf unhygienische Verhaeltnisse reagiert. Das bedeutet, dass unsere Verpflegungsmoeglich­keiten unterwegs stark eingeschraenkt sind. Da wir auf regelmaessige Energiezufuhr angewiesen sind, bleibt uns tagsueber meist keine andere Wahl als Brot mit „Snickers“ (Schokoladestaengel mit Caramel und Erdnuessen) oder aehnlichen Riegeln sowie stark gezuckerter Tee. Am Abend ist es am besten, wenn wir selber kochen koennen. Falls wir kein Gemuese finden, gibt es einfach eine grosse Portion Reis oder Spaghetti.

Das Wasser zum Kochen fassen wir jeweils gegen Abend an einem fuer uns unverdaechtigen Bach oder von einer Wasserleitung in einem Dorf und fuellen es in un­seren 6-Liter-Wassersack. Dann haben wir nach dem Kochen auch noch genuegend Wasser, um uns in der Dunkelheit gegenseitig von Kopf bis Fuss zu waschen. Nach einem langen Tag voller Staub und Schweiss sauber und erfrischt in den Schlafsack zu kriechen, ist ein besonderes Hochgefuehl.

In Flaschen abgefuelltes Wasser mit oder ohne Kohlensaeure findet man zum Glueck fast in jedem kleinen Dorfladen. Dieses brauchen wir zum Trinken unterwegs. Am Morgen vermischen wir es mit Milchpulver oder mit Kondensmilch und machen uns mit Haferflocken, Nues­sen und Weinbeeren ein Mueesli. In groesseren Ortschaften oder Staedten finden wir manchmal abge­packtes, gekuehltes Yoghurt (oder Kefir), was wir besonders gern essen. Seit wir schon ein paar Mal Bauchweh hatten, verzichten wir auf die so verlockende Schale Kefir, die uns oft in den Teehaeu­sern angeboten wird.

In Tadschikistan tragen Frauen und Maedchen fast ausnahmslos die gleiche Art Kleider. Es sind lange oder halblange lose Haenger, mal weit mal koerperbetont, kurz- oder langaermlig. Darunter tragen sie eine bequeme lange Hose aus dem gleichen leichten Stoff. Oft ist der Abschluss am Bein mit einer gestickten oder glitzernden Borduere besetzt. Die Stoffe sind alle bunt gemustert. Viele mit kleinen oder grossen Blumen. Unistoffe oder solche mit Karos oder Streifen kommen gar nicht vor. Sehr beliebt sind hingegen auffaellige halb florale, halb geometrische Muster, deren zugrunde liegende Ornamente denjenigen des Art Nouveau aehneln. Manche sind streng schwarz-weiss, andere in den beliebten Landesfarben rot-weiss-gruen kombiniert mit schwarz und gelb. Blau und violett oder Pastellfarben sieht man sehr selten, Auf dem Kopf tragen die Frauen fast alle ein geblumtes Kopftuch, mit welchem sie ihr langes Haar zusammenhalten.

Zwischen Duschanbe und Khorog uebernachten wir ein paar Mal in Mekhmonkhonas. Das sind Privathaeuser, welche fuer Durchgangsreisende einen freien Raum haben, wo fuer die Nacht die notwendige Anzahl Matrazen ausgerollt werden. Manchmal ist es der Schlafraum der Familie, der den Gaesten angeboten wird, waehrend die Familie selber draussen auf den Liegebetten schlaeft. Da wir meist etwa um 5 Uhr aufstehen (zu dieser Zeit sind die meisten Erwachsenen schon auf den Beinen), sehen wir, wie die Kinder auf den Liegebetten tief in Kissen und Decken vergraben noch schlafen.


Ein besonders schoenes Erlebnis haben wir in Benh. Als ich frage, ob wir vielleicht fuer die Zubereitung unseres Nachtessens ein oder zwei Zwiebeln haben koennten, werde ich in den Gemuesegarten gefuehrt, und ich kann aus dem reichhaltigen Angebot auswaehlen, worauf ich gerade Appetit habe. So kommt ein bunter Gemueseeintopf mit Kartoffeln, gruenen Bohnen, Tomaten, Peperoni, Karotten, Kraeutern und Zwiebeln zustande. Dazu kochen wir Tee mit frischer Pfefferminze und schaelen ein paar saftige frische Gurken.

Da ich in einem dieser Haeuser nebst Bauchweh auch noch einen besonders laestigen Floh eingefangen habe, schlafen wir wieder wenn immer moeglich in unserem Zelt. Der Floh hat mir zwei unruhige Naechte beschert und einige juckende Stiche zugefuegt, doch jetzt habe ich zum Glueck wieder Ruhe. Allerdings ist mir bewusst, dass uns solche Unannehmlichgkeiten auch auf der weiteren Reise zustossen koennen. Es ist nicht immer nur schoen und angenehm, was wir hier erleben. Neben den vielen ueberwaeltigend schoenen Erlebnissen gehoeren auch derartige, unangenehme Vorkommnisse zum Reisen.

Eine Begegnung der letzten Tage bleibt mir unvergessen. Kurz nach Khalaiqum muss ich in einem Dorf vom Velo steigen, da die Strasse fuer mich zu steil und uneben zum Fahren ist. Am Strassenrand steht eine alte Frau, die ich gruesse. Sie gruesst zurueck und wir geben uns die Hand. Ich verstehe, dass sie mir in ihrer mir unbekannten Sprache eine gute Weiterreise wuenscht. Dann fuehrt sie drei Finger an ihre Lippen und legt sie dann auf meine Wange. Dann kommt sie noch naeher zu mir, schaut mir freundlich in die Augen, kuesst mich und umarmt mich lang. Sie faehrt weiter mit Wuenschen und Segnungen und macht das „Amin“-Zeichen, indem sie ihre Handflaechen zum Himmel wendet und Waschbewegungen ueber das Gesicht macht. Als wir uns verabschieden und ich mein Velo weiter den Hang hinauf schiebe, bin ich vor Ergriffenheit den Traenen nahe. Was sind das fuer Menschen, dass sie mir als Fremder mit so herzlichem Wohlwollen und so ganz ohne Misstrauen begegnen?

 

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